Der Terroranschlag in Magdeburg, bei dem ein Attentäter ein Fahrzeug in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt steuerte und mehrere Menschen tötete, wirft ein erschreckendes Licht auf das Versagen der deutschen Sicherheitsbehörden. Gottfried Curio, Bundestagsabgeordneter der AfD, erhebt in einer Rede vor dem Bundestag schwere Vorwürfe gegen die Behörden. Er zeichnet ein erschütterndes Bild von Ignoranz, Unfähigkeit und mangelnder Verantwortungsbereitschaft.
Curio zitiert in seiner Rede erschreckende Details aus dem Leben des Attentäters, die deutlich machen, dass dieser Mann schon lange vor dem Anschlag als tickende Zeitbombe bekannt war. Bereits 2013 drohte er der Ärztekammer mit einer Terrorattacke nach dem Vorbild des Boston-Marathons, sollte ihm die Anerkennung von Prüfungsleistungen verweigert werden. 2014 wiederholte er seine Drohung, diesmal im Zusammenhang mit einem Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Er drohte sogar einer Richterin, die ihn im Jahr 2013 verurteilt hatte, mit Mord.
Noch im Jahr vor dem Anschlag, so Curio, versicherte der spätere Attentäter: "Deutschland wird einen Preis zahlen müssen, einen riesigen Preis. Wenn Deutschland uns töten will, werden wir sie abschlachten." Immer wieder habe er nach einem Weg zur Gerechtigkeit gesucht, ohne deutsche Botschaften in die Luft zu sprengen oder wahllos deutsche Bürger zu massakrieren, so der Täter. Curio betont, dass die Behörden nicht erst an "der letzten Stelle, direkt wenige Meter vor dem Tatort" hätten einschreiten können. An "dutzenden anderen" Stellen hätte der Terroranschlag verhindert werden können.
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Besonders schwerwiegend ist der Vorwurf, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) gleich sechs Mal Informationen über den späteren Attentäter aus Saudi-Arabien erhalten habe. Darin warnte die saudische Regierung vor den "tödlichen Drohungen", die der Mann gegen Deutschland aussprach. Das Bundeskriminalamt (BKA) wurde lediglich über die erste Warnung informiert. Die weiteren Warnungen des BND ignorierte das BKA, so Curio.
Curio kritisiert scharf die Reaktion des BKA auf die Warnungen aus Saudi-Arabien. Die Behörde habe die Drohungen des späteren Attentäters "leichtfertig" abgetan, weil dieser ein Kritiker des saudischen Systems gewesen sei. "Als ob ein Kritiker des saudischen Systems seinerseits nicht auch ein Sicherheitsrisiko für deutsche Personen darstellen könnte", empört sich Curio. Der Attentäter habe sich als saudischer Oppositioneller gesehen, der von Deutschland verfolgt werde. Dafür habe er mehrfach Rache an der deutschen Bevölkerung angekündigt.
Auch Landeskriminalamt (LKA), BKA und Landesamt für Verfassungsschutz hätten im vergangenen Jahr die Gefahr, die von dem Mann ausging, untersucht und diese verneint. "Das müssen Sie sich mal klar machen: Sie können in Deutschland einen Terroranschlag wieder und wieder öffentlich ankündigen, es hat keine Konsequenzen", so Curio. Es liege nicht an mangelnder Überwachung oder fehlenden Vorratsdatenspeicherung, sondern am "Unwillen" der Behörden, "einmal zu handeln, einmal Konsequenzen zu ziehen".
"Es geht nicht alleine um die Weiterleitung, sondern diese bräsige Unwilligkeit vieler Behörden, einmal Konsequenzen zu ziehen, hat die Menschen das Leben gekostet", klagt Curio. Der Attentäter sei zwar "vielleicht raus aus dem Islamismus, aus dem Islam" gewesen, aber "der Islamismus war nicht raus aus ihm". Er habe "immer noch zu Innerst eine radikal extremistische Gesinnung gehabt, die sich ihre Anlässe sucht und die ihre Anlässe findet". "Und er hat die Öffentlichkeit darüber nicht im Unklaren gelassen", so Curio.
Curio zitiert den Bischof von Potsdam, Stephan Ackermann, der an Weihnachten in seiner Predigt sagte: "Wer heute Weihnachtsmarkt sagt, denkt gewiss Todesfahrt gleich mit." "Das zeigt, die Symptombekämpfung reicht nicht", so Curio. "Nicht jeder Täter wird das vorher ankündigen." Statt "Leute, die solche Straftaten ankündigen" abzuschieben, würden diese in Deutschland "eingebürgert". "Terrorankündigungen bleiben auch nach mehrfacher Nachfrage gegenüber den allen Verantwortlichen in diesem Land folgenlos. Das ist tödlich. Das muss sich ändern."
Curio fordert eine "sicherheitspolitische Zeitenwende". Es reiche nicht, "an Symptomschrauben zu drehen", sondern man müsse "solche Drohungen vom Tag eins an ernst nehmen und Konsequenzen ziehen".
Curio bemängelt zudem die mangelnde Aufklärungsarbeit der Behörden im Nachgang des Anschlags. Ihm sei in einer Ausschusssitzung eine "lückenlose Auflistung" der Ereignisse von 2006, dem Jahr der Einreise des Attentäters nach Deutschland, bis zur Tat versprochen worden. Diese Liste liege bis heute nicht vor. "Inzwischen können Sie das in allen Zeitungen lesen", so Curio. "Wir alle stellen uns diese Chronologie selber zusammen." Das Bild sei "frühzeitig mehr als deutlich" gewesen. "Die Tatsache, dass das hier immer noch nicht geschehen ist, deutet für mich darauf hin, dass das, was dabei herauskommt, nicht gerne gesehen wird", so Curio. Es komme dabei nämlich heraus: "Es war alles absehbar, und zwar für jeden."
Die Informationen über den Attentäter seien nicht "verteilt zwischen Stellen, wo die hätten vernetzt werden müssen, wo es hätte weitergeleitet werden müssen", sondern dieser Mann habe "immer wieder in dieselbe Kerbe geschlagen", so Curio. "Das scheint eine unangenehme Wahrheit zu sein."
"Wir haben hunderte von Gefährdern im Land, die werden rum [...] man lässt die rumlaufen", so Curio. Der Fall des Magdeburger Attentäters zeige, dass es sich lohne, "das ernst zu nehmen". "Wenn wir einen Terroranschlag mit hunderten Verletzten und etlichen Toten und traumatisierten Menschen verhindern können, dadurch, dass wir den Hinweisen, die uns sogar auf dem Tablett gegeben werden, folgen und die Konsequenzen ziehen, dann sollten wir das tun, dann müssen wir das tun", appelliert Curio.
Curio kritisiert auch die Argumentation der Behörden, dass diese zum Zeitpunkt ihrer Einschätzungen noch nicht über alle Informationen verfügt hätten. Es liege nicht an "mangelnder Vernetzung", dass das BKA nicht gewusst habe, dass der Attentäter "zig Mal" seine Tat angekündigt habe. "Sondern an dem Unwillen, dann auch mal sich die Hände schmutzig zu machen und zu sagen: Wenn jemand Morddrohungen gegen unschuldige Menschen ausstößt, dann muss er sein Aufenthaltsrecht hierzulande verlieren", so Curio.
"Es genügt, wenn einmal so etwas bekannt ist, dass man willens ist, wirklich die Interessen der Bürger zu vertreten und die Bürger zu schützen durch entschiedenes, entschlossenes Handeln", fordert Curio. Der Magdeburger Terroranschlag sei eine Mahnung, dass wir unsere Sicherheitsarchitektur grundlegend überdenken und die Behörden mit den notwendigen Kompetenzen ausstatten müssen, um zukünftig solche Tragödien zu verhindern.